Sonntag, 22. November 2015

Behandlung bei Prostatakrebs

Je nach Tumorstadium, Lebensalter und Gesundheitszustand stehen einem bezüglich der Prostatakrebs – Behandlung unterschiedliche Therapiemethoden offen.
Da Prostatakrebs in der Regel langsam wächst und meist schon seit Jahren besteht bevor er entdeckt wird, hat man ausreichend Zeit um sich in Ruhe zu überlegen welche Form der Behandlung einem am ehesten liegt. Vor allem in frühen Tumorstadien bieten sowohl Operation als auch Bestrahlung ähnlich gute Ergebnisse im Langzeitüberleben. Wichtigster Unterschied zwischen den beiden Behandlungsmethoden ist die Frage der Lebensqualität, insbesondere wenn es um  den Erhalt der Harnkontinenz und der Sexualität geht. Hierbei zeigt sich die moderne Bestrahlung im Vergleich als besser verträgliche Option. Eine Ausnahme bilden aggressiv wachsende Tumore (Gleason score 8-10) und lokal stärker ausgedehnter Prostatakrebs. Hier ist eine intensivere Untersuchung der Tumorausbreitung und rascheres Handeln sinnvoll. Die Behandlung erfolgt dann oft über eine Kombination aus Hormontherapie und Bestrahlung.
Jedes Vorgehen hat seine eigenen Vor – und Nachteile.
So ist die Prostatakrebs Behandlung durch aktive Überwachung in frühen Tumorstadien bzw. bei höherem Lebensalter frei von Nebenwirkungen, benötigt aber eine gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient.
Heutzutage empfiehlt man bei Prostatakarzinom aber ein aktiveres Vorgehen als das watchful waiting („Warten bis etwas passiert“), indem man genauer und engmaschiger kontrolliert („active surveillance“) und alle 6-12 Monate erneut die Prostata biopsiert.
Da im Schnitt etwa alle 3 Monate Kontrollen erforderlich sind, sind viele Betroffene kurz vor jeder Prostatakrebs – Untersuchung erheblichem Stress ausgesetzt.
Oft stellt man innerhalb von etwa 2 Jahren ein Voranschreiten des Prostatakarzinomes fest. Dann steht die Frage nach einer geeigneten Behandlung im Raum, durch deren Hilfe man sich bis ins hohe Alter Tumorfreiheit und möglichst gute Lebensqualität sichern soll.
Insbesondere bei Patienten im höheren Alter wird neben der Möglichkeit einer alleinigen Überwachung auch überlegt über eine alleinige Hormontherapie (Blockade der männlichen Hormone) zu behandeln. Dabei sollte erwähnt werden, dass durch die alleinige Hormonblockade KEINE Heilung erreicht werden kann, sondern das Tumorwachstum für einige Jahre gebremst wird. Diese Option wird vor allem dann angeboten wenn zum einen das Lebensalter sehr hoch ist und abgesehen vom Prostatakrebs eine Reihe schwerwiegender Erkrankungen vorliegen.
Bei Menschen im fortgeschrittenem Alter ist die heilende Behandlung (in diesem Falle ist die Bestrahlung die Therapie der Wahl) insbesondere dann sinnvoll, wenn sie sich abgesehen vom Prostatakrebs guter Gesundheit erfreuen. Hier ist die Absicht der Behandlung, dem Betroffenen viele Jahre bei guter Lebensqualität zu ermöglichen.
Nun sagen Kritiker das die Behandlung des Prostatakrebs im höheren Alter (70 Jahre oder älter) keinen wesentlichen Einfluss die Gesamtlebenszeit hat.
Das ist aber vor allem der Tatsache zu verdanken, dass man bei richtiger Behandlung selbst mit Metastasen in den Knochen viele Jahre leben. Jedoch kann die Lebensqualität bei Knochenmetastasen bedingt durch eventuelle Schmerzen, Knochenbrüche oder Lähmung deutlich eingeschränkt sein.
Somit liegt das wesentliche Ziel der Behandlung von Prostatakrebs im fortgeschrittenem Alter darin die gute Lebensqualität so lange als möglich und bis weit ins hohe Alter zu erhalten. Bei Menschen in jüngeren Jahren (< 70 Jahre) verbleibt neben dem Erhalt der Lebensqualität die Verlängerung der Lebenserwartung oberstes Ziel einer kurativen Behandlung.
Bei der heilenden Therapie stehen insbesondere Operation und Bestrahlung im Vordergrund. Andere Methoden sind derzeit noch experimentell.
Um die Frage zu beantworten welche Behandlungsmethode die besten Erfolgsaussichten bietet, wurde 2012 die „ Grimm-Studie “ publiziert. Es handelt sich hierbei um die weltweit größte urologische Studie zur Behandlung von Prostatakrebs. Anhand der Daten von ca. 52.000 Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom wurden 11 Behandlungsmethoden (Operation, Bestrahlung, HiFu, etc..) untersucht und verglichen. Die besten Ergebnisse in Bezug auf das Langzeitüberleben erbrachte die Bestrahlung.Den größten Überlebensvorteil zeigte die Bestrahlung im Vergleich zur Operation insbesondere bei Patienten die ein hohes Risiko haben, dass ihr Prostatakrebs zukünftig Metastasen entwickeln könnte. Dabei ist jedoch wichtig zu beachten, dass mit einer ausreichend hohen Dosis bestrahlt wird, um das gewünschte Ergebnis erreichen zu können. (ca. 74 – 78 Gray je nach Stadium und Aggressivität des lokalisierten Tumors)
.Prostatakrebs Behandlung Operation
Die Operation ist die älteste bekannte Therapiemethode bei Prostatakrebs. Man unterscheidet prinzipiell die radikale Entfernung der Prostata von der die Nerven schonenden Operation. Bei der „nerve sparing“ Operation versucht man die Erektionsfähigkeit durch belassen eines Nervens zu erhalten, riskiert aber dabei eine höhere Wahrscheinlichkeit für das Wiederkommen des Tumors („Rezidiv“). Von technischer Seite her unterscheidet man die klassische Methode der Operation von der Operation mit OP-Roboter. Im Ergebnis bezüglich des Gesamtüberlebens sind beide Methoden sehr ähnlich und die Nebenwirkungsrate entspricht nach zuerst entäuschenden Ergebnissen in der letzten Metaanalyse erstmals gering zu Gunsten der robotisch unterstützten OP. Wie auch bei der händischen Operation ist das Ergebnis der robotischen OP insbesondere von der Erfahrung des jeweiligen Chirurgen abhängig. Erfahrungsgemäß ist mit guten Ergebnissen zu rechnen, wenn jährlich etwa 60 oder mehr Eingriffe vom entsprechendem Operateur und dessen Team (Anästhesist, OP-Schwestern,..) vorgenommen warden.
Das Risiko an der Operation oder Ihren Folgen zu versterben beträgt in der hier vorliegenden Publikation etwa 1,5 Prozent .
Ein weiteres Risiko der Operation ist  die Gefahr der langfristigen Harninkontinenz und beträgt je nach Studie zwischen 2 und 40 Prozent.
So benötigten etwa in einer britischen Arbeit  27,8% der Patienten täglich bis zu eine Einlage.
Der Verlust der Sexualität durch erektile Dysfunktion in Folge Verletzung von Nerven im Becken besteht nach radikaler Prostataoperation bei etwa 80 % der Patienten
In fünf bis 20 Prozent der Fälle kommt es, bedingt durch die Lymphknotenentfernung, zu einer Lymphozele.
Als mögliche Spätfolge kann nach Operation eine Verengung der Verbindungsstelle zwischen Harnröhre und Blase (Anastomose) auf, die so genannte Anastomosenstriktur auftreten.
Sollte sich im Rahmen der Operation herausstellen, dass der Tumor in seiner Ausbreitung unterschätztwurde (eine Situation die in ca. 20% der Fälle auftreten kann) und die Prostatakapsel überschreitet (Stadium T3a) oder die Samenblasen infiltriert (Stadium T3b); bzw. konnte keine ausreichende Entfernung im Gesunden statt finden (R1, R2 im pathologischen Befund), so besteht mittelfristig die Notwendigkeit die Prostataloge zusätzlich nachzubestrahlen. Durch diese niedriger dosierte Nachbestrahlung (ca. 66-70 Gray Dosis)erhöht sich die Wahrscheinlichkeit der langfristigen Tumorkontrolle. Insgesamt entspricht das Gesamtergebnis aus Operation und Bestrahlung bezüglich der langjährigen Tumorkontrolle dem Ergebnis einer alleinigen Hochdosisbestrahlung mit ca. 78 Gray. Jedoch erhöht sich durch die kombinierte Behandlung mit Operation und Bestrahlung das Risiko für behandlungspflichtige schwere Nebenwirkungen wie z.B. Inkontinenz. Abhilfe zur besseren Einschätzung des Tumorstadiums vor Operation oder Bestrahlung kann eine MRT Untersuchung des Beckens bieten.
Eine Operation nach Bestrahlung ist prinzipiell möglich und wird in eigens spezialisierten urologischen Zentren in Österreich angeboten. Auch die Operation nach Bestrahlung ist mit einem erhöhten Risiko für Nebenwirkungen verbunden. Eine alternative Standardbehandlung bietet heirbei die Hormontherapie. In ausgewählten Fallen könnte auch per Radiofrequenzablation, HiFu, oder Cyber-knife Bestrahlung behandelt werden. All diese Behandlungsmethoden sind noch vergleichsweise jung und zählen derzeit noch nicht zu den Standardtherapien.
Steigt der PSA Wert z.B. nach Operation rasch und in starkem Ausmaß, so stellt sich die Frage nach einer etwaigen Metastasierung. Eine entsprechende Durchuntersuchung
und die Abwägung der Einleitung einer systemischen Behandlung (z.B. Hormonblockade, Chemotherapie, nuklearmedizinische Behandlung) stehen hier im Vordergrund.
 Prostatakrebs Behandlung Bestrahlungbestrahlung prostatakrebs




Durch eine Reihe technischer Fortschritte konnte die  Bestrahlung für die heilende Behandlung von Prostatakrebs enorm an Bedeutung gewinnen. So konnte durch den Einsatz moderner Methoden (rapid arc, Protonentherapie,…) zum einen das Risiko für langfristige Nebenwirkungen reduziert werden, zum anderen ist es nunmehr möglich die Behandlungsdosis soweit zu erhöhen, dass die Wirkung am Tumor nicht nur der Operation ebenbürtig ist; u.a. laut Grimm Studie ist sie der Operation bezüglich des Langzeitüberlebens und der Nebenwirkungen überlegen.
So liegen die Chancen auf ein Langzeitüberleben (5 Jahre oder länger) bei lokalisiertem Prostatakrebs mit niedrigem oder mittlerem Risiko nach Bestrahlung im Bereich 80 – 90 %.
Die Bestrahlung ist ein schmerzfreies Verfahren.
Typische Nebenwirkungen gegen Ende der Behandlungsserie sind Mattigkeit, sowie stärkerer Stuhl- und Harndrang. In der Regel verschwinden die Symptome binnen weniger Wochen.
Aus der Erfahrung heraus geben etwa 95% – 97% der Patienten nach 1 Jahr in der Nachkontrolle an, keine Beschwerden durch die Bestrahlung zu haben. Diese Zahlen werden auch durch die unten angegebene Protonentherapie – Studie  bestätigt. Ca. 2-3% der Patienten geben gelegentliche milde Darmblutungen an. Hier wird über Medikamente oder per Verödung eines Gefäßes behandelt.
Das Risiko für eine dauerhafte Harninkontinenz °III bei der man Einlagen benötigt beträgt nach einer im white Journal publizierten Studie ca. 0,6 %.
Der Erhalt der Sexualität nach Bestrahlung hängt insbesondere von der Ausgangssituation vor Bestrahlung und dem Alter des betroffenen Patienten ab. Ein weiteres Kriterium ist, ob der Tumor bereits in die Samenblasen vorgedrungen ist (und dort auch behandelt werden muss), die für die Produktion der Samenflüssigkeit zuständig sind. In einer amerikanischen Studie aus dem Jahr 2000 in der die damals angewandte Technik nicht mehr dem heutigen Stand der Kunst entspricht, verblieb nach 2 Jahren bei 83%der Patienten die Sexualität erhalten.
Spezielle Techniken wie z.B. Goldmarker unterstützte rapid arc / VMAT Bestrahlung mit Dosisekalation ( 74 – 78 Gray Dosis) werden an speziell ausgerüsteten Abteilungen für Radioonkologie / Strahlentherapie in Österreich angeboten. (z.B. LK Wr. Neustadt  )
Folgende moderne Bestrahlungsmethoden stehen zur Verfügung:
Eine neue Form der Strahlentherapie ist die Behandlung mit Protonen. Hierbei nützt man das physikalische Phänomen des bragg peak, bei der die Strahlenenergie nur an einer vorbestimmten Stelle im Körper abgegeben wird. Der Vorteil der Protonentherapie liegt in der Genauigkeit wirksam den Krebsherd zu behandeln und dennoch dicht angrenzendes gesundes Gewebe zu schonen. Im März 2014 wurden erstmals 5-Jahres-Langzeitergebnisse der Protonenbestrahlung bei Prostatakarzinom publiziert. Insgesamt wurden in den drei hier zusammengefassten Studien 211 Patienten mit nicht-metastasierten Prostatakrebs mit Protonen behandelt und über einen Zeitraum von durchschnittlich über 5 Jahren (5,2 Jahre) nachbeobachtet. Die Tumorkontroll-Rate nach 5 Jahren (cPFS) betrug bei Prostatakarzinom mit niedrigem Risiko und mit mittlerem Risiko jeweils 99 %, bei Prostatakarzinom mit hohem Risiko 76 %. Die Rate an schweren Nebenwirkungen gemäß internationaler Einteilungsrichtlinie CTCAE Version 4.0 lag am Darm (z. B. Blutung des Enddarmes) bei 0,5 %, am Harntrakt (z. B. Inkontinenz) bei 1 %.
Zu den neuen Entwicklungen in der Ionentherapie (Protonen, Kohlenstoffionen) gehört die Behandlung mit etwas erhöhten Einzeldosen (z.B. 3 Gy statt 2 Gy), die sich sowohl im biologischen Modell als auch in den ersten klinischen Erfahrungen japanischer Zentren als Vorteilhaft erwiesen hat. Aktuell wird an der Universitätsklinik Heidelberg das Ergebnis der „IPI – Studie“ ausgewertet, bei der die Bestrahlungszeit durch Anwendung erhöhter Einzeldosen etwa auf die Hälfte reduziert wurde.
Unter der „Image-Guided-Radiotherapy“ – IGRT genannt, sind Techniken zusammengefasst, mit deren Hilfe die Prostata sehr präzise bestrahlt werden kann. Die aktuelle Position der recht beweglichen Prostata wird hierbei direkt während jeder Bestrahlungssitzung vor Aktivierung des Bestrahlungsgerätes ermittelt. Dadurch kann die Prostata mit einer höher wirksamen Dosis (> 74 Gy) behandelt werden, ohne das Risiko für Nebenwirkungen zu erhöhen.
Unter Brachytherapie versteht man die Bestrahlung im Inneren der Prostata. Die Methode zeigte in der Grimm Studie die Besten Ergebnisse, wurde aber durch technische Weiterentwicklungen wie die IGRT oder Protonentherapie mittlerweile eingeholt.
Die Nebenwirkungen der Bestrahlung von Prostatakrebs konzentrieren sich vor allem auf meist vorübergehende entzündliche Veränderungen an Enddarm (z.B. Durchfall über einige Wochen) und Blase (gehäuftes Urinieren), bzw.Vernarbungen an der Harnröhre (vor allem bei Bestrahlung nach Operation).
Ein Nachteil der Bestrahlungsbehandlungen liegt in der Dauer der Behandlungsserie. So wird die Therapiedosis über mehrere Wochen auf viele Sitzungen (Mo-Fr je 1 Sitzung, Dauer jeweils ca. 15min., schmerzlos) aufgeteilt, damit die Behandlung besser vertragen wird. Derzeit liegen ermutigende Ergebnisse einer kürzeren Behandlungsserie mit leicht erhöhten Einzeldosen vor, die vielversprechend sind. Langzeitergebnisse stehen hier aber noch aus. 
 Da jeder Facharzt ausschließlich Erfahrung mit den Methoden hat, die er/sie selbst regelmäßig anwendet, empfiehlt sich folgendes Vorgehen:
1. Bei Fragen zur Operation: Konsultation eines erfahrenen Facharztes für Urologie , der/die häufig operiert und viele Patienten mit Prostatakrebs betreut.
2. Bei Fragen zum Thema Bestrahlung (z.B. neue Methoden wie IMRT/IGRT, rapid arc, Protonentherapie): Konsultation eines erfahrenen Facharztes für Radioonkologie, der/die viele Patienten mit Prostatakrebs behandelt und betreut.
Aus rechtlichen Gründen sollte nur ein Facharzt über eine Behandlung aufklären, der diese auch durchführt und somit über notwendiges Wissen und Erfahrung verfügt.
So sollte ein Facharzt für Urologie keine Aufklärung zum Thema Bestrahlung machen, da er diese nicht erlernt oder ausgeführt hat.
Ebensowenig sollte ein Facharzt für Radioonkologie über die Operation aufklären, da auch dies nicht seinem Erfahrungsschatz und Ausbildungsstand entspricht. Grund hierfür ist der Schutz der Sicherheit des Patienten, da eventuelle Risiken immer individuell abzuschätzen sind und das spezielle Wissen darüber nur durch langjährige Erfahrung erworben werden kann. So hat der Gesetzgeber aus diesem Grund das Gesetz verabschiedet, dass nur derjenige über eine Behandlung aufklären darf, der sie auch durchführt.

Als Facharzt für Radioonkologie berate ich in meiner onkologischen Ordination zum Thema Bestrahlung bei Prostatakrebs.
Ihr,
Weitere Beiträge:
Quellen:
http://www.rayur.com/prostate-cancer-prostatic-carcinoma.html/cdr-442273-prostate-cancer-staging
http://de.wikipedia.org/wiki/Strahlentherapie http://well.blogs.nytimes.com/2012/07/18/questioning-surgery-for-early-prostate-cancer/?_php=true&_type=blogs&_r=0
http://www.altabatessummit.org/rapidarc/

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen